C.G.Jung / Catholic / Christian / Eastern

Transzendenz und Religion bei C.G. Jung


C.G. Jung ist  Mystiker unter den Psychoanalytikern und Gnostiker unter Religiösen. Während Freud vieles vom Sexualtrieb ableitet (passend zur östereichisch-großbürgerlich-verklemmten meist weiblichen Kundschaft), Adler den Machttrieb in den Vordergrund stellt, sieht C.G. Jung das Individuum in Verbundenheit mit magischen Wesensfragmenten (“Archetypen”) in deren religösen Ausprägungen z.B. mit der Dreifaltigkeit des westlichen Christentums: cgjInAHurry  – Zusammenfassung in Powerpoint.

Dieses Essay versucht die Methode und das System C.G. Jungs aus religiöser Sicht zu sichten. Vieles das Jung in Bezug auf die Religion geäussert hat, steht fest im Zusammenhang mit seiner Lehre, ja man könnte sagen, seine Lehre und sein Religionsverständnis bedingen sich gegenseitig. Es erkennt religiöse Aspekte an, ganz besonders  das  “der Psyche eingeborene geistige und religiöse Bedürfnis” ( Jolande Jacobi) und er bezieht  sich stark auf Religion(en), Gnostik und das Christentum.  Die Beschäftigung mit (westlicher) Alchemie führte C.G. Jung zur Einsicht, dass durch Symbole  die Gott-Bilder und die natürlichen Funktionen der Psyche in Übereinklang zu bringen sind. Was ich gerne in der Angelegenheit anfügen würde: Das Christentum sollte mystische Elemente in ihre Tradition wiederbeleben. Die  fromme Bilder, der Bibel insbesondere der Evangelien übereinstimmen, und die Mystik von C.G. Jung sprechen, wie ich gerne glauben oder wissen würde, eine gemeinsame Sprache.

1. Das individuelle (persönliche) Unbewußte

C.G. Jung unterteilt die Psyche im wesentlichen in das Bewusste. das persönliche Unbewusste und das kollektive Unbewusste. Psychische Störungen sind bei C. G. Jung nicht auf einen einzigen Aspekt oder gar Triebfaktor reduziert noch sind für ihn Komplexe  – Knoten im persönliche Unbewusste unn oft Ursache der Störungen- nur schlecht.  Nach C.G. Jung  führt der Anpassungsprozeß in der ersten Lebenshälfte zur Abspaltung einer Persona und durch Unterdrückung bestimmter Persönlichkeitsteile zur Entwicklung von weiteren Teilpersönlichkeiten, welche diese aufnehmen müssen. Der wichtigste archetypische Figur  ist der sogenannte persönliche Schatten, unsere dunkle Seite. Der kollektive Schatten ist die „Rückseite des herrschenden Zeitgeistes. Das Seelenabbild umfaßt ausschließlich die gegengeschlechtlichen Aspekte. Bei dem Mann wird dieses Archetype Anima genannt, bei der Frau ist es der Animus.  Da diese Inhalte aber nicht vollkommen zu unterdrücken sind, kehren sie nach außen über Projektionen auf andere Personen und Gegenstände zurück. Bei Schatten und Seelenabbild  sind  Anteil des persönlich Unbewussten aber haben auch Anteile im kollektiven Unbewussten.  In dem Maße, in dem man sich mit sich selbst versöhnt, also seinen Schatten ins Bewusstsein holt, versöhnt man sich also auch mit seiner Umwelt. Auch Komplex sind typischerweise im Bereich des persönlichen Unbewussten.

2. Das kollektive Unbewußte

Nach C.G. Jung in “Beziehung zwischen dem Ich und dem Unbewussten enthalte “das Unbewusste nicht nur Persönliches sondern auch Unpersönliches in Form von vererbten Kategorien oder Archetypen”. Die Inhalte des kollektiven Unbewussten sind also die bereits vorher erwähnten Archetypen, und dieses kann daher auch als die Summe aller vererbten archetypischen Strukturen definiert werden. Der Begriff des Archetypus hat sich in Jungs Werken allmählich entwickelt. In den frühen Schriften sprach er zunächst von den Dominanten des kollektiven Unbewussten und benutzte dann bis 1927 das Wort “Urbild” bzw. “urtümliches Bild”.  Unter solchen Urbildern wurden Mythologen, Sagen- und Märchenmotive verstanden, die allgemein-menschliche Verhaltensweisen in ein Bild bzw. ein anschauliches Abbild zu fassen vermögen. Den seit 1927 benutzten Ausdruck “Archetypus” hat Jung dem “Corpus Hermeticum” entnommen, einem alchemistischen Werk aus dem 3. Jahrhundert nach Christi.  Es entfaltet von daher seine Wirkung auf die Erlebnis- und Verhaltensweisen des betreffenden Menschen, in dessen Unbewusstem es konstelliert ist. Sie bestehen seit der Existenz des Bewußtseins. Archetypen existieren, weil sowohl physisch, als auch psychisch in der Struktur des Menschen feste Gesetze bestehen, denen alle Menschen gehorchen. Blickt man zurück in die Vergangenheit, so wird man feststellen, daß sich alle Menschen zu allen Zeiten immer mit einer gleichen Basis von Problemen beschäftigten: Dem Verhältnis zu den Naturmächten, persönlichen und gesellschaftlichen Machtstrukturen, den übermenschlichen Mächten, dem Umgang mit Trieben und anderen Grundbedürfnissen, dem Problem von Gut und Böse, der Beziehung zwischen den Geschlechtern, den Problemen verschiedener Lebensalter, dem Umgang mit Unglück und Tod, der Beziehungen zum Transpersonalen und der Frage nach Sinn des Lebens und Transzendenz. Jede Gesellschaft und jeder Mensch sieht sich mit diesen archetypischen Problemen konfrontiert. Wenn man in solch einer Problematik verstrickt ist, so wird man nicht nur feststellen, dass die Problematik alt ist, sondern auch die Lösung Generationen vorher prinzipiell immer die Gleichen war. Das kollektive Unterbewußte ist der Teil in unserer Psyche, den wir haben, weil wir Menschen sind, und als solche bestimmte Grundfunktionen haben.  Archetype (per se) sind nach Jung die Bausteine des kollektiven Unbewußten.

3. Komplexe  als Knoten im Unbewußten

Ein wichtiger Begriff bei C. G. Jung sind Komplexe. Das sind Brennpunkte des seelischen Lebens in denen das Unterbewußtsein Impulse zum Handeln gibt, nach C.G. Jung “abgesprengte Teile der Seele”. Wann immer das Unterbewußtsein nach außen durchbricht, wird die Bewusstseins-Kontinuität gestört und die Antwort kommt aus dem Unbewußten. Das bedeutet, daß der Mensch in diesem Augenblick die Freiheit des Ichs aufhört und ein autonomer Komplex die Kontrolle übernimmt.  Wenn also in einem Gespräch ein bestimmtes Wort fällt, auf welches man plötzlich unangemessen emotional reagiert, so kann man unter Umständen davon ausgehen, daß hier das Unterbewußtsein reagierte; offenbar wurde durch das Wort ein wunder Punkt angesprochen. In der analytischen Psychologie wird eine solche Abweichung des Verhaltens als Komplex bezeichnet, nur sind diese Komplex nicht alle “krank” sondern sie sind geradezubedingend für die seelischen Aktivität.  Komplexe entstehen dadurch, daß fördernde oder hemmende Reaktionen der Umwelt auf die Verhaltensweisen des Menschen wirken und so bestimmte, wertneutrale Bedürfnisse, Verhalten oder Gefühle als angenehm oder unangenehm, als richtig oder falsch erscheinen lassen. Werden Komplexe nicht bewusst gemacht, behalten sie ihre Autonomie, können zur Identifikation des Individuums mit ihnen führen oder werden projiziert.  Die Person, die in diesem Augenblick ein komplexbehaftetes Verhalten zeigt, hat keine Möglichkeit, dieses Verhalten zu unterbinden, da diese Handlung einer Kontrolle unzugänglich ist. Es lassen sich zwei verschiedene Komplexebenen unterscheiden: zum einen Komplexe, die der individuellen Lebensgeschichte entstammen, Komplexe, die der Gruppe, Gesellschaft und Kultur, in der wir leben, sind und durch unseren Sozialisierungsprozess vermittelt werden, zum anderen Komplexe, die allen Menschen gemeinsam sind.  In Jungs Theorie können Komplexe bewusst, teilweise bewusst oder unbewusst,  positiv oder negativ sein, aber im Kern eines jeden Komplexes ist ein universelles Muster der Erfahrung, oder Archetypus (Wishard, 2004). Von welchen emotional aufgeladenen archetypischen Hintergrundbildern aber diese gesteuert wird, das wechselt von Kultur zu Kultur und mit geringerem Pendelausschlag dann auch von Mensch zu Mensch. Wobei ich an dieser Stelle nochmals  ausdrücklich hervorheben will, dass ich Komplexe im Sinne C.G. Jungs nicht als in erster Linie  Krankhaftes betrachte, sondern als natürlichen Knoten oder Muster der menschlichen Psyche in denen sich Archetypen als Kern manifestieren.  Ein weiteres halbes Jahrhundert nach C.G. Jung sind Jungianern allerdings noch im Streit über die Verbindung der Begriffe Archetypus und Komplex, da  die Theorie der Archetypen (wie so vieles andere in Jungschen Theorie) wurde nicht konsequent und klar genug definiert wurden.

4. Archetypen (per se)

Archetypen  sind “unanschauliche Strukturen des kollektiven Unbewußten”. (Vergl. Jolandi  Jakobi ) Archetypen per Se sind potentielle Modellvorstellung einer ererbten Struktur und  Symbole sind konkrete manifeste  Representationen von Archetypen per se.  Diese Bilder sind Projektionsträger, welche aus der Umwelt und der Erfahrung des Individuums genommen werden. Jung bezeichnet die Archetypen auch als Formprinzip der Triebkraft oder als Bild der Triebe. Archetypen per Se bilden den “Nucleus” der Komplexe (und der Symbole). C.G. Jung verwendet diese Begriffe oft  Archetypen, Symbole oder Komplexe uneindeutig, nicht aber Archetypen per Se.  Archetypen (an sich) werden als strukturelle Faktoren in den unbewussten, unsichtbaren Kernzusammenelementen und im möglichen Träger der Bedeutung beschrieben. C.G. Jung, betont, dass Archetypen nicht übernommene sondern strukturelle Muster der möglichen Darstellung sind. Wenn sie durch das Licht des bewussten Verstandes berührt werden, können sie im niedrigeren Bewussseinsbereich zu Instinkten und in den höheren Bereichen zu Symbolen werden.  Archetypen (nicht die per se!) können mit den Komplexen gleichgestellt werden, besonders die des persönlichen Unbewussten (wie Schatten) die häufig als Funktionskomplexe bezeichnet werden. Unter den ersten, der eine Hypothese über die Archetypen  formulierte war der griechische Philosoph Plato. Jung hat den Ausdruck von einigen der frühen christlichen Verfasser und  von seinen Alchemiststudien abgeleitet. Das Konzept kann auch bei  Kepler’ ´s Astrolgie gefunden werden und in Teihard de Chardin’ s-Buch ” Das Phänomen vom Menschen.” Mindestens einige von Teihard’ s-Konzepten des reflektierenden Gedankens in Richtung zum Kollektiv können mit der Entwicklung des Archetypus zusammenhängen.  Noch deutlicher sind die Bezüge zu gnostischen Systemen.

Beispiele für Archetypen sind die in allen Kulturen auftauchenden Vorstellungen von  Dämonen, Fabelwesen, und Teufeln als die Personifikation unbewußter Komplexe. Da komplexbehaftetes Handeln bewusste Lebensmöglichkeiten ausschließt, ist es ein Ziel, diese störenden Handlungsweisen auszuschalten. Der Weg dorthin führt unter anderem über das Erkennen  und Anerkennen. Weiterhin gibt es Archetypen in einer einfachen Bipolarität (konstruktiv oder destruktiv), aber alle im Unbewussten aktivierten archetypischen Bilder nehmen am Erleben und der Bildung bestimmter Verhaltenspattern teil und konstellieren so eine Vielzahl typischer Grundmuster menschlicher Erlebnis- und Verhaltensabläufe.
Gerade von hier aus werden die Kunst, Klassiker, Film, Mythen und Märchen aber ganz besonders die Bibel wieder so wichtig und interessant. In ihnen hat die kollektive Fantasie ganzer Kulturen, Völker und in bestimmten Abläufen auch die der ganzen Menschheit typische und charakteristische Muster ihrer innerseelischen Erlebnis- und Verhaltensabläufe von Reifungs- und Entwicklungsprozessen und von Konfliktlösungsmöglichkeiten als wiederkehrende Muster dargestellt, die wir auch in jedem alltäglichen Erleben wieder finden und anwenden können.   Heute sind wieder Stimmen in der Überzahl, die der gesamten menschlichen Psyche und damit auch dem Unbewussten durchaus eine genetisch bedingte Vorstrukturierung zuschreiben, und damit indirekt die Konzeption C.G. Jungs bestätigen.

5. Symbole

Symbole sind im bewussten Verstand wahrnehmbar und sind in den meisten Fällen eine Representation der Archetypen per se. Offensichtlich gibt es  persönliche  oder kollektive Symbole als Quelle der ganz mythischen, symbolischen und Traumdarstellungen. Entsprechend dem psychologischen Modell von C.G. Jung entstehen die Symbole aus dem kollektiven Unbewußten,   als Kern für der  Menschheitserfahrung und Wissen.  Symbole sind der Kern unserer Kultur. Die die Universalmuster der Mythen sind spirituelle  Symbole und Ideen.

6. Phänomenologie von Komplexe, Archetypen  und Symbolen

Komplexe sind unbewusste psychische Inhalte, die durch einen gemeinsamen Bedeutungskern (Archetypus per se)  wie mit einem “Nucleus” miteinander verbunden sind.  Komplexe werden auch als Quellen oder Senken von Energie  bezeichnet, die diese Energie dem bewussten Ego entnehmen oder zur Verfügung stellen.  Komplexe sind im  persönlichen Unbewussten und können vom  kollektive  Unbewußten oder Bewussten kommen. Komplexe können , unbewusst, teilweise bewusst oder sogar bewusst sein und sind  als Kern der unbewussten Gefühle und des Glaubens, nur indirekt, durch Verhalten nachweisbar.  Symbole sind Representation von Archetypen per se  im Bewussten. Der Komplex bezeichnet normalerweise etwas, das nicht wahrnehmbar ist, während das Symbol vom bewussten Verstand wahrnehmbar und zugänglich ist. Aber beide sind um einen Kern des Archetypen per se gebildete Entitäten. Ziemlich aufrichtig ist daher Jolande Jacobi’s  trockene Anmerkung, dass  Komplexe, Archetypen (nicht  die per se) und Symbole  bei C.G. Jung manchmal als Synonyme verwendet werden, bzw die Grenziehung schwierig ist. https://stottilien.wordpress.com/2012/01/15/complex-archetype-symbol-how-do-they-interrelate/.

7. Das Ich (Ego)

Das Ich, ein Funktionskomplex, ist jene zentrale  Instanz der Persönlichkeit, die der Träger  der eigenen Identität ist. Obwohl uns das Ich am vertrautesten ist, ist nichts so schwierig, wie das Ich zu verstehen. Das Ich versucht, sich in dieser Welt zu orientieren; dies geschieht besonders durch vier Hauptfunktionen: Denken und  Fühlen (rationale Funktion) sowie Empfinden und Intuieren (irrationale Funktionen). In der Regel hat ein Individuum nur eine oder zwei Grundfunktionen ausreichend ausgebildet, so daß die Persönlichkeit unausgereift bleiben muß.  Menschen, die besonders äusseren, kollektiven Objekten verhaftet sind, bezeichnen Jung als extrovertierte Menschen. Die gegenteiligen, introvertierten Menschen, bestimmen ihr Verhalten hauptsächlich subjektiv und von innen. Diese Eigenschaften sind kompensatorisch im Hinblick auf das Bewusste und Unbewusste im Menschen. Eine Bewusstseinserweiterung ist immer eine Differenzierung und Ausgestaltung der bisher verkümmerten Funktionen. Im Gegensatz zu den östlichen Religionen ist es in der analytischen Psychologie nicht die Aufgabe, das Ich aufzulösen, sondern alle Persönlichkeitsanteile zu entwickeln und mit dem Selbst zu integrieren.

8. Die Persona

Die Persona ein weiterer Funktionskomplex, ist  eine Maske, wie das lateinische Wort schon sagt. Was der Mensch nach außen zeigt, wird seine Persona genannt. Eine gesunde Persona ist für das Leben in der Gesellschaft dringend erforderlich. Die Persona ist jene Instanz der Persönlichkeit, die der Vermittler von Außen-, und Innenwelt und deren Ziel die Adaption ist.  Vielmehr versucht die Persona das innere Weltbild den äußeren Realitäten so gut wie möglich anzupassen, um den Lebensanforderungen in bester möglicher Weise gerecht zu werden. Letztlich ist die. Die Persona und auch das Ich-Bewusstsein sollten in der Lebensmitte (35. -40. Lebensjahr) ausgereift sein.

9. Der Schatten

Der Schatten ist einer der wichtigsten Archetypen, und stellt das Gegenstück zum Archetyp der Persona dar und steht daher für die negativen, sozial unerwünschten und daher unterdrückten Züge der Persönlichkeit, für jenen Teil des „Ich“, der wegen gesellschaftsfeindlicher Tendenzen in das Unbewusste abgeschoben wird. Seine Entwicklung beginnt bereits in den ersten Lebensjahren des Menschen infolge der von der Umwelt an das Individuum herangetragenen Anforderungen, Erwartungen, Ge- und Verbote, die nur einen Teil der Persönlichkeit zur Entfaltung kommen lassen. Der Schatten wächst parallel zur Persona, gleichsam als deren „Negativ“. Eine gewisse Parallele besteht zum Freudschen Begriff des Es, das im Gegensatz zu Ich und Überich ebenfalls die unbewussten Teile der Persönlichkeit repräsentiert. Zunächst wird der eigene Schatten gewöhnlich negiert oder aber auf Personen und Objekte außerhalb des eigenen Ichs projiziert. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Schatten, seine Integration in die Gesamtpersönlichkeit, zählt nach Jung indes zu den zentralen Aufgaben des menschlichen Reifeprozesses und stellt den ersten Schritt auf dem Weg zur Ganzwerdung (Individuation) dar.

10. Die Seele oder das Seelenabbild

„Seele“ oder Seelenabbild im Sinne von Jung bezeichnet  einen weiteren „abgegrenzten Funktionskomplex“ der Animus und Anima zusammenfasst. Es sind Begriffe , die aus dem Lateinischen abgeleitet sind: lat. Animus = „Seele“, Geist (im Gegensatz zum Körper), Gedächtnis, Mut, Übermut, Selbstvertrauen, Trotz, Unmut Zorn, Gesinnung, Stimmung, Leidenschaft, begehrende Seele, Verlangen, Wunsch, Entschluss, Lust Neigung) und lat. Anima = Lufthauch, Wind, Luft (als Element), Atem, „Seele“, Leben, abgeschiedene Seele. Die Anima symbolisiert unterdrückte, weibliche Handlungsweisen. Der Animus symbolisiert unterdrückte, männliche Eigenschaften, wie Aggression, Mut, Risikobereitschaft, Eigeninitiative, geistige Selbständigkeit. Beide Begriffe verstand Jung als die archetypische innere, unbewusste Persönlichkeit.

11. Das Selbst

Das Selbst ist der Geist des Kosmos  und letztlich Gott.  Das Selbst kann sich identifizieren mit Tieren, Kristallen und den Sternen. Es ist der Gott in uns.  Jung fasst das Ich auf “als untergeordnet oder enthalten in einem übergeordneten Selbst als dem Zentrum der ganzen, unbegrenzten und undefinierbaren psychischen Persönlichkeit” (C. G. Jung, “Psychologie und Religion”). ´Das erinnert stark an  Buddhismus und Taoismus. Dieser Archetypus,  das Selbst, sah C.G. Jung (wie Christen) als „psychisches Äquivalent“ des Bild des Gottes: „Die Symbole der Göttlichkeit stimmen mit denen des Selbst überein”: was einerseits als psychologische Erfahrung scheint, psychische Gesamtheit bedeutend und auf der anderen Seite die Idee von Gott darstellt. Änderungen in den Gottbildern, ob im psychischen des Einzelnen oder in der allgemeinen kulturellen Geschichte, verlaufen parallel  zu  Änderungen im menschlichen Bewusstsein und in einer Intensität, dass der Zerstörung des Gott-Bildes die der Aufhebung der menschlichen Persönlichkeit folgt.
Jungian Psychologie könnte daher auch eigenständiger Partner in der Vermittlung von Buddhismus und Christentum sein ohne Patchwork, New Age oder Esoterik. Allerdings ist Jungs Einwand gegen die Idee des höheren Bewusstseins, wie er sie in östlichen Gedanke sah, daß das (leidende) Ego ohne die Enthüllung des Unbewussten beseitigt wird. Die Unterscheidung zwischen Subjekt und Objekt führt aber zur Auflösung des Egos im Unterbewusstein und gerade zur dunklen Seite der Psyche.

12. Synchronizität

Ein wichtiger Begriff bei C.G. Jung ist die Synchronizität. Diesem Begriff liegt die Idee zugrunde, dass es nicht nur kausale (Ursache/Wirkung), sondern auch nicht-kausale Zusammenhänge in der Welt gibt. Ereignisse, die gleichzeitig auftreten, müssen sich nicht unbedingt gegenseitig bedingen, sondern können in einem nicht-kausalen Sinnzusammenhang stehen.

Dieser Gedankengang ist für die Astrologie von großer Bedeutung. Man geht nicht mehr von einem kausalen Einfluss der Sterne auf den Menschen aus, sondern von einer nicht-kausalen Gleichzeitigkeit.

13. Die Individuation in der ersten Lebenshälfte – Anpassung an die Aussenwelt

Individuation heißt, zu dem zu werden, der man wirklich ist, und meint einen Differenzierungsprozess, der die Entfaltung aller Fähigkeiten, Anlagen und Möglichkeiten eines Individuums durch stufenweise Bewusstwerdung und Realisierung des Selbst zum Ziel hat. Es lassen sich zwei große Hauptabschnitte auf dem Weg unterscheiden, die man als Ich-Werdung und Selbst-Werdung bezeichnen könnte.
Bei der Ich-Werdung liegt der Schwerpunkt auf der Integration der individuellen Persönlichkeit mit der Aussenwelt. Bei der Geburt trennt sich das Ich vom Selbst. Dieser Zustand der Trennung wird im Leben des Menschen zunächst dadurch überwunden, daß er sein Selbst in andere Menschen hineinprojiziert. Sei es beispielsweise den Vater, die Klassenlehrer oder den inferioren „Prominenten“. Das Selbst in seiner vorgeburtlichen Einheit wird bei der Geburt in seine polaren Gegensätze aufgespalten, meist ohne die Aussicht, im Laufe des Lebens auch wieder vollständig integriert zu werden. Denn in seiner Entwicklung ist der Mensch immer gezwungen, sich seiner sozialen Umgebung anzupassen; dies geht oft nur auf Kosten von sehr positiven Anlagen, die aber in der Außenwelt nicht gewürdigt oder toleriert werden. Um seine Entwicklung zu schützen, werden die von außen unerwünschten, aber zum Selbst gehörenden, Anlagen negativ “geladen” und ab diesem Zeitpunkt gemieden und abgewehrt. Im Laufe der Pubertät versuchen die jungen Menschen, sich auf das allgemeine Geschlechtsideal einzustellen. Dabei kommt es zwangsläufig zu einer Ablehnung der geschlechtsfremden Charaktereigenschaften. Im Normalfall werden diese Menschen im Erwachsenenleben die übertrieben geschlechtsspezifischen Handlungen weiterführen, und so einen gegengeschlechtlichen Schatten aufbauen: Die Anima beim Mann und den Animus bei der Frau. Obige Lernvorgänge entsprechen sich bei der Bildung des Schattens.
Für viele Menschen ist mit der Ich-Verwirklichung das Ende der psychischen Entwicklung erreicht. Das Leben spielt sich nur noch in gesellschaftlich vorgegebenen Bahnen ab, das Bedürfnis nach Sicherheit und Ordnung steigert sich. Nur wenige Menschen stellen sich in der Lebensmitte oder danach, meist aufgerüttelt durch eine Krise oder Not, die bange Frage nach dem, wie es jetzt weitergehen soll. Deswegen ist den meisten Menschen das besondere Anliegen Jungs fremd geblieben.  Genauer betrachtet, ist die heutige „Selbstverwirklichung“ bestenfalls eine Ich-Werdung.

14. Individuation in der zweiten Lebenshälfte – Transzendenz und Religion

Die Individuation im engeren Sinne, also die Selbst-Werdung und die Frage nach dem Lebenssinn in der zweiten Lebenshälfte sind die eigentlichen Anliegen Jungs. Während dieses Vorgangs wird die bisherige Entwicklung der Psyche weitergeführt, wenn auch mit einem umgekehrten Vorzeichen: Es geht nicht mehr darum, mehr und mehr eigene Wesensarten auszuschließen, damit man der Umwelt angenehm ist, es geht vielmehr darum, diesen Vorgang wieder rückgängig zu machen. Das Ich setzt sich nun mit all den ehemals unterdrückten Persönlichkeitsmerkmalen auseinander und versucht sie wieder mit dem Selbst zu integrieren. Dies bedeutet im Einzelnen: Bewußt machen unbewußter Komplexe, als erstes Auseinandersetzung mit der dem eigenen Schatten und in der zweiten Etappe die Herstellung einer Beziehung zum Seelenabbild  (Animus/Anima). Das große Problem dabei ist folgendes: Die Bewusstmachung erzeugt nun gerade jene Konflikte, die man durch ihr Unbewussthalten zu vermeiden versucht hatte. Das Ich-Bewusstsein geht vorher den leidvollen Weg der Differenzierung zwischen den Polaritäten der Psyche. Nun ist es sich der Gegensätze im Leben voll bewusst. Deshalb können die mit einer Individuation auftretenden Leiden nicht vermieden werden. Der Mensch muß die Spannung so lange aushalten, bis eine Vereinigung der Polaritäten auf höherer Ebene möglich wird.  Ziel ist es, die innere Mitte zu finden, einen von Konflikten der Gegensätze unberührte Region der Stille. Dieser Zustand hat etwas religiöses, aber findet seinen Ausdruck in schlichten, einfachen Worten: Heitere Gelassenheit, Frieden mit sich selbst, in sich ruhen können, das Leben so nehmen, wie es ist. Das Einlassen auf den Individuationsprozess vermittelt dem Suchenden einen Lebenssinn und Lebensfülle und Hinwendung zu Transzendenz und Religion.

15. Jung und die Religion
Gerhard Wehr zufolge, einem wichtigen Biographen Jungs, habe auch Jung seinen Weg zu Christus gefunden. Dies sei nicht über den Weg der institutionellen Kirche geschehen, sondern über den inneren Weg. Inspiriert vom Erlebnis des Paulus suchte und fand Jung den Zugang zum inneren Christus.  Manche Gesichtspunkte in Bezug auf die Religion habe ich bereits oben erwähnt und ich versuche hier, die noch nicht genannten Punkte darzustellen. Unter Religion versteht Jung selber das „Numinosum“ genannt, nämlich eine dynamische Existenz oder Wirkung, die nicht von einem Willkürakt verursacht wird.“ Die Ursache dieser Wirkung ist ausserhalb des Individuums einzuordnen, sie entspringt also nicht der Phantasie oder Vorstellungskraft des einzelnen. Mit dieser Wirkung verändert sich das Bewusstsein des Menschen: „Man könnte also sagen, der Ausdruck „Religion“ bezeichne die besondere Einstellung eines Bewusstseins, welches durch die Erfahrung des Numinosum verändert worden ist.“ C.G. Jung, Psychologie und Religion.
Alles der menschlichen Psyche entstammende qualifiziert Jung als seelisch wahr. Die Seele ist ein autonomer Faktor, und die Aussagen daraus begründen ihre Existenz auf unbewussten, also transzendentalen Vorgängen. Dies gilt auch für religiöse Aussagen und es ist für Ihn evident, dass die Psyche eine religiöse Funktion besitzt. C.G. Jung gebraucht den Begriff „transzendental“ im Sinne der Herkunft aus dem Unbewussten; er ist nicht zu verwechseln mit eine theologischen Transzendenzbegriff.
Jungbegründet das empirisch: „Nicht ich habe der Seele eine religiöse Funktion angedichtet, sondern ich habe die Tatsachen vorgelegt, welche beweisen, dass die Seele ‚naturaliter religiosa‘ ist, das heisst eine religiöse Funktion besitzt: eine Funktion, die ich nicht hineingelegt oder -gedeutet habe, sondern die sie selbst von sich aus produziert, ohne durch irgendwelche Meinungen oder Suggestionen dazu veranlasst zu sein“. Vielfach ist es für den einzelnen schwierig den Zugang zu dieser inneren Funktion zu finden und so sieht es Jung mitunter als die Aufgabe der Psychologie, dem Menschen diesen Zugang zu öffnen. Für Jung ist die religiöse Funktion der Seele darum von Wichtigkeit, weil sie einen wichtigen Teil dazu beiträgt, die seelische Ganzheit im Selbst bei der Individuation zu finden.

16. Jung und der Gottesbegriff
„Diejenige psychologische Tatsache, welche die grösste Macht in einem Menschen besitzt, wirkt als ‚Gott‘, weil es immer der überwältigende psychische Faktor ist, der ‚Gott‘ genannt wird.“ Der Gottesbegriff ist von Jung psychologisch gefasst und gewollt, er bezeichnet eine psychische Wirkung, die empirisch feststellbar ist.
Überall auf der Welt, in der Vergangenheitwie auch heute, wird diese Kraft erfahren, sie ist nicht ein Produkt der Phantasie, sie wird als fremd und übermächtig erlebt. Dies kann somit als Ausdruck einer transzendenten Wirkung qualifiziert werden. Jung bringt diese Transzendenz mit dem Begriff des kollektiven Unbewussten in Verbindung, dessen Archetypen ja auch den einer höheren Macht beinhalten. Er will keine metaphysischen Erklärungen abgeben, sondern beschränkt sich auf die Aussagen der Seele des Menschen mit ihren Symbolen und Bildern. Dennoch will er das Gottesbild nicht als rein psychisch abtun: „Das Gottesbild ist keine Erfindung, sondern ein Erlebnis, das sua sponte (freiwillig) den Menschen antritt.“ Durch rationales Denken distanzierte er sich von den Symbolen, die den Menschen und die Religion miteinander verbanden. Aber viele leben deshalb mit einem rigiden Glauben, mit dem es nicht möglich ist, eine wahre Beziehung zur Religion über den Glauben zu finden. Es bleibt nur der Weg nach innen, wie in die Mystiker aber auch die Gnostiker empfehlen. Deshalb ist die innere  Erfahrung für Jung grundsätzlich, denn sie hat damit zu tun „dass ein (innerer) Weg der Wahrnehmung, des Ergreifens und des Ergriffenwerdens beschritten wird“. Religiöse Erfahrung ist das Wichtigste, sie ist absolut, sie ist Grundlage jedes lebendigen Glaubens. Sie ist tiefgreifend und erschütternd. Sie ist diejenige Erfahrung, die durch die höchste Wertschätzung charakterisiert ist. Jung sieht den Zweck der Konfessionen darin, „unmittelbare Erfahrung zu ersetzen durch eine Auswahl passender Symbole, die in ein fest organisiertes Dogma und Ritual eingekleidet sind“. Theologie ist ja nur die intellektuelle Verpackung des Glaubens. Die gelehrten Dogmen sind daher nicht nur inhaltslose Lehren, denn auch sie basieren auf unmittelbaren religiösen Erfahrungen. Es gilt,den Äusseren Bezug der verkündeten Lehren, den äussern Gott, in sich selbst (wieder) zu entdecken d.h. die ursprünglichen religiösen Erfahrungen wieder aufleben zu lassen. Religion soll nicht als etwas aussenstehendes betrachtet werden, man muss erkennen, das wahre Religion nur im Menschen selbst gelebt werden kann. Denn „Religion (…) ist Erfahrung der eigenen Seele“. Jung verweist auf Paulus (dessen Erlebnis von Damaskus sein (Jungs) ganzes Leben begleiten und inspirieren sollte) , der sagt: „Ich lebe, aber nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir“. (Galater 2,20a). Siese steht im Gegensatz zu östlichen Religionen, dessen Ziel der Erleuchtung es letztlich ist (wie) Gott zu werden.  Seine eigenen Aussagen bezüglich der Selbsterfahrung, des inneren Gottes und des Zugangs zum Unbewussten mit seinen Archetypen findet er in nucht christlichen Religionen   aber wieder  und zieht Parallelen. Er warnt den westlichen Menschen aber auch ausdrücklich davor, östliche Weisheiten einfach zu übernehmen und in seine Leben integrieren zu wollen. Denn nach seiner Meinung sind die meisten Menschen hier nach wie vor stark in der christlichen Tradition verwurzelt und er rät, eigene, der westlichen Lebensart angepasste Wege zu finden.

Quellen:

C. G. Jung Gesamtausgabe, Walter-Verlag Olten, 1972,

Die Psychologie von C. G. Jung,  Jolande Jacobi, Walter-Verlag Olten 1971

Complex/Archetype/Symbol in the Psychology of C.G. Jung ,Jolande Jacobi, Bollingen Series, 1959

Der Mensch und seine Symbole, C. G. Jung, Jolande Jacobi, Walter-Verlag Olten, 1972

Mensch und Seele, Jolande Jacobi, Walter-Verlag Olten, 1971

 Symbole der Wandlung C. G. Jung, Jolande Jacobi, …, Walter-Verlag Olten, 1962

Complex/Archetype/Symbol in the Psychology of C.G. Jung,  Bollingen Series, 1959

C. G. Jung Das Rote Buch, Patmos-Verlag Olten, 2010