C.G. Jung bezeichnete sein unvollendetes Werk, eine zwar notwendige, aber ärgerliche ‘ästhetisierende Elaboration’ . Das trifft den Kern der Sache. Der Preis ist ärgerlich und Das ‘Rote Buch’ verbindet Schönheit mit einer Aura von Kunst und Geheimnis. Ich empfehle es jedem, der sich mit C.G. Jung auseinandersetzt, denn es ist ein zentrales Werk der Spiritualitätsgeschichte und enthält letztlich die Wurzeln der Werke C.G. Jungs. Es ist auch wunderschön.
Das vorliegende Buch besteht aus drei Teilen:
- Das eigentliche ‘Rote Buch’ ‘ Liber Novus ‘ einem eingescannten kalligraphischen Text mit Imaginationen und Reflexionen sowie von ihm gemalten Bildern, welcher wie eine illuminierte mittelalterliche Handschrift wirkt.
- Einer Einleitung von Sonu Shamdasani.
- Die Manuskripte des Liber Novus (Liber Primus, Liber Secundus sowie Anhänge) -in normaler Buchschrift- führen durch viele Symbole und Archetypen.
Der Herausgeber, Sonu Shamdasani, ein Wissenschaftshistoriker, bringt in der Einleitung die vorliegenden Texte von C. G. Jung in einen kultur- und wissenschaftshistorischen Kontext und schafft eine Verbindung zu Leben und Werk des Tiefenpsychologen.
Liber Primus: Der Weg des kommenden; Die Wiederfindung der Seele; Seele und Gott; Die Wüste; Höllenfahrt in die Zukunft; Zerspaltung des Geistes; Heldenmord; Gottes Empfängnis; Mysterium; Belehrung, Lösung.
Liber Secundus: Die Bilder des Irrenden, Das Schloss im Walde; Einer der Niedrigen, Das Achoret; Dies; Der Tod; Die Reste frühere Tempel; Die Inkarnationen; Die Hölle und der Opfermord; Die göttliche Narrheit; Drei Prophezeiungen; der Weg des Kreuzes, Der Zauberer (exzellent!).
Im Gegensatz zu seinem wissenschaftlichen Selbstverständnis dokumentiert das Rote Buch subjektive Aufzeichnungen eines Selbstversuches (Aktive Imagination), den C.G. Jung über viele Jahre, beginnend nach der Krise durch die Trennung von Freud, hinweg machte. Er hat es nur guten Freunden zugänglich gemacht und verfügt, dass es nicht veröffentlicht wird. Die Sprache erscheint manchmal emotionsgeladen, aber jeder, der mal ein Tagebuch (zumal in einer Krise) geführt hat, wird dies verstehen.
Man wird C.G. Jung nach dem Lesen diese Buches keinesfalls neu überdenken müssen. Das ‘Rote Buch’ ist aber trotzdem mehr als ein psychologisches Bilderbuch oder ein Kunstkatalog. Visionen und Fantasien sind großformatig, kunstvoll und farbenprächtig festgehalten. Es ist C. G. Jungs handgeschriebenes und -gemaltes Vermächtnis. Jung sagt lange Zeit später: ‘Alle meine Arbeiten, alles, was ich geistig geschaffen habe, kommt aus den Initialimaginationen und -träumen. 1912 fing es an, das sind jetzt fast 50 Jahre her. Alles, was ich in meinem späteren Leben getan habe, ist in ihnen bereits enthalten, wenn auch erst in Form von Emotionen oder Bildern.’ Darunter auch der Satz ‘In uns ist der Weg, die Wahrheit und das Leben’ ein Satz der stark an das moderne Christentum des Benediktiner Anselm Grün aber auch an die Gnostiker erinnert. Das Buch kommt vielleicht zur rechten Zeit, einer Zeit, in der Europa sein Wurzeln verleugnet.
Man kann das zwischen 1914 und 1930 entstandene «Rote Buch» als visuelles Traumtagebuch bezeichnen.
Jung bezeichnete dieses Werk – dessen Sprache und Emotionen ihm oft fast peinlich erschienen – als wichtige Zeugnisse seiner psychologischen und geistigen Entwicklung.
Das annähernd sieben Kilogramm schwere, in rotes Leder gebundene Orginal ist in eigenartig feierlicher, deutscher Sprache verfasst und in kunstvoller Kalligrafie mittelalterlicher Handschriften gehalten. Das Buch hat das Format des Originals und ist in Leinen gebunden, die Bindearbeit erzwingt möglicherweise eine sorgfältige Behandlung durch den Leser.
C. G. Jung Das Rote Buch, Patmos-Verlag Olten, 2010
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